Was für ein Framing. Die Arbeitsmoral ist nicht „im Keller“, die Arbeitenden erfüllen doch immer noch ihre Verträge. Was im Keller ist, ist die Moral der Chefs, ihren Angestellten ordentliche Bedingungen zu bieten.
Nachdem wir (zum 4. mal in Folge glaube ich) in unserem Unternehmen ein absolutes Rekordjahr hatten und der Aktienkurs durch die Decke gegangen ist, werden alle Mitarbeiter im Schnitt mit 2,3% Gehaltserhöhung abgespeist. Nachdem wir die letzten Jahre bei der Gehaltsrunde deutlich unter Inflationsniveau lagen. Gleichzeitig kriegt der CEO 70% mehr als im letzten Jahr. Ähnlich hohe Erhöhungen im kompletten oberen Management. Home Office soll auf 2 Tage pro Woche reduziert werden. Dividende ist um 6% gestiegen.
Wahrscheinlich fragen sie sich noch, warum die Arbeitsmoral daraufhin sinkt.
Und deswegen ist: “Wir haben grad kein Geld” kein Argument.
Bin schon gespannt wie es bei uns wird. Mein Chef meinte wir müssen als Abteilung langsam mal wegkommen von der Life-Work Balance und Richtung Work-Life Balance. Manche haben in 2 Monaten über 130 Überstunden gemacht während andere bereits 60 Minusstunden haben. Die Motivation scheint aktuell ziemlich im Keller, wenn ein paar die ganze Arbeit der Abteilung stemmen müssen.
Das ist aber auch ein gewaltiges Führungsfail, dass die Kollegen so unterschiedlich arbeiten können und dürfen. 130 Überstunden in 2 Monaten sind mehr als vom Arbeitszeitgesetz erlaubt sind und 60 Minusstunden in 8,7 Wochen sind auch hart - da geht man ja jeden Tag über eine Stunde früher. Das muss doch auffallen, wenn der eine da fast 4 Stunden am Tag länger im Büro hockt während der andere flockig schon eine Stunde vor Feierabend abhaut?
Bei uns wurde nun der Obstkorb und Apfelsaft eingespart. Wenn Papierhandtücher und Kaffee aus dem Lager geholt werden, müssen die nun entsprechend gebucht werden.
Hat beides Wunder für die Arbeitsmoral getan. 2 Kündigung gab es schon. Ich bin gespannt wie viele es noch werden unter den neuen Ideen von oben.
Da ist dann wohl das Ziel der Maßnahme erreicht.
Arbeitsmoral passt sich an Arbeitsbedingungen an.
Man könnte ja mal anfangen, sinnlose Prozesse und weltfremde Compliance für die Mitarbeiter-Ebene zu reduzieren. Wenn ich eine Meldung machen muss, weil mir ein Geschäftspartner zwei Tafeln Schokolade zu Weihnachten schickt, deren Wert unter 10€ liegt, aber im Management wilde Mehrtagesevents mit dem Geschäftspartner abgehalten werden - dann fühlt man sich eben veräppelt.
Ach, wenn rundherum alles teurer wird, und die C-Levels sich gerne mal 20% und mehr gönnen, man selbst aber nichtmal einen Inflationsausgleich bekommt… das schlägt aufs Gemüt?
Der Anteil derer, die emotional an ihren Arbeitgeber hochgradig gebunden sind, sei auf ein Rekordtief von neun Prozent eingebrochen
Zum Glück? Wie gestört ist denn eine hochgradig emotionale Bindung an den Arbeitgeber bitte? Ich meine ich verstehe es, wenn man mit einem Team oder einem Vorgesetzten gut zurecht kommt. Aber an den Arbeitgeber ?
Hmm, immer weniger Personal trotz mehr Aufgaben und nicht vorhandener Effizienzsteigerung, 50+/h-Woche und Weiterbildung vor allem in der Freizeit. Echtes Mysterium.
Ach und glaubt noch irgendjemand das Märchen vom “Fachkräftemangel”? Wenn es einen echten Fachkräftemangel gäbe, würden Gehälter und Wettbewerb um Mitarbeiter deutlich anziehen
Ich denke es liegt an fehlender Lust zum Arbeiten und Bequemlichkeit /s
Ich bin auch gerade so richtig runtergerockt. Erst kam Covid mit all den Verwerfungen, Umstrukturierungen, Krisen und Problemen. Diverse Kollegen wurden wegumstrukturiert, aber die neuen Strukturen wurden nie sauber definiert. Mehr Chaos. Weitere Kollegen gingen. Dann kam die Ukraine- & Energie-Krise, die uns auch voll und heftig getroffen hat. Wieder Sparmaßnahmen, noch eine Umstrukturierung, diesmal noch weniger geplant oder konsequent durchgezogen, weitere Kollegen sind dann gegangen und naja, der Laden läuft wieder, ich habe meinen Job noch, aber dieser wirkliche Funke ist völlig verloren gegangen.
Es gibt sie noch die guten Nachrichten :)
Weiß nicht ob das gute Nachrichten sind. Würde ich noch arbeiten hätte ich auch lieber Spaß bei der Arbeit. Das war bei mir immer der treibende Faktor bei der Arbeitssuche. Wenn es das anscheinend für viele nicht gibt, dann ist das ja scheiße für’s Gemüt.
Also sollen sich die “Arbeitgeber” mal bitte anstrengen, dass sich Arbeit wieder lohnt!
Tja.